Schwarze Haut und Kapital

Zu den jüngsten Protesten gegen rassistische Polizeigewalt in den USA

Die Arbeit in weißer Haut kann sich nicht dort emanzipieren, wo sie in schwarzer Haut gebrandmarkt wird.“[1]

1. Einleitung

Die USA erlebten in den letzten Monaten die weitverbreitetsten Unruhen seit fünfzig Jahren. Die Ermordung des Afroamerikaners George Floyd durch die Polizei in Minneapolis, Minnesota, die von Zeugen per Smartphone-Kamera festgehalten wurde, löste einen Sturm heftiger Empörung aus. Die darauffolgenden Proteste und Demonstrationen hatten zwischenzeitlich zu Ausgangssperren in 200 Städten, zur Mobilisierung der Nationalgarde in über 30 Städten und zur Verlegung von 1600 Soldaten der regulären Streitkräfte in die US-Hauptstadt Washington geführt. Schließlich wurde in einigen Staaten wie etwa Minneapolis der Notstand ausgerufen. Im Rahmen der Demonstrationen und Riots wurden nicht nur insgesamt etwa 14.000 Menschen verhaftet, sondern auch an die zwei Dutzend Menschen getötet, unter ihnen ebenso Demonstranten und vermeintliche Plünderer wie Polizisten. Der Mord an Floyd ereignete sich, als am 25. Mai Angestellte eines Lebensmittelgeschäfts die Polizei riefen, weil sie mutmaßten, dass dieser als Kunde mit Falschgeld bezahlt hatte. Als die Polizei eintraf, wurde Floyd in Handschellen gelegt und von mehreren Polizisten zu Boden gedrückt, während ein Polizist neun Minuten lang auf seinem Hals kniete. Wie zuvor der 2014 von Polizisten getötete Eric Garner rief auch Floyd in einer Art tragischen Wiederkehr, dass er nicht atmen könne. Die vier an seinem Mord beteiligten Polizisten sind mittlerweile, nicht zuletzt aufgrund des öffentlichen Drucks durch die Proteste, angeklagt worden. Die Anklage gegen den Haupttäter Derek Chauvin, ein mittlerweile gefeuerter weißer Polizist mit einer Vorgeschichte exzessiver Polizeigewalt, wurde im Zuge dieser Proteste auf „second degree murder“ verschärft.

Bereits in den letzten Jahren kam es in den Vereinigten Staaten immer wieder zu rassistischen Morden durch die Polizei, wobei vor allem afroamerikanische Männer in deren Visier standen. Vor dem Hintergrund der sich zu einer regelrechten Epidemie ausweitenden rassistischen Polizeigewalt zogen diese Morde zwar regelmäßig wütende Demonstrationen und Proteste nach sich, aber letztlich blieb die schwarze Bevölkerung, insbesondere der schwarze Teil des US-Proletariats diesen Morden gegenüber ohnmächtig. Der Freispruch des Nachbarschaftswachmann George Zimmermann nach dem Mord an Trayvon Martin wurde schließlich zum Anlass dafür, dass sich 2013 die internationale Bewegung „BlackLivesMatter“ gründete. Ihren vorläufigen, traurigen Höhepunkt erlebte diese Bewegung nach der Ermordung von Michael Brown und Eric Garner. Beide wurden ebenfalls durch die Polizei getötet, ganz so, als wolle diese immer wieder aufs Neue beweisen, dass schwarze Menschen auf gleiche Weise bluten und ebenso sterblich sind wie weiße. Die regelrechte Hinrichtung Browns am 9. August führte zu massiven, wochenlang anhaltenden Unruhen in Ferguson, Missouri, zu deren Niederschlagung die Nationalgarde und die mit gepanzerten Fahrzeugen, Kampfmonturen und schweren Waffen militarisierte örtliche Polizei eingesetzt wurde.

Die Ermordung George Floyds fiel in eine Zeit, in der insbesondere der schwarze Teil des Proletariats von der „Coronakrise“ in den USA und den staatlichen Maßnahmen zu ihrer Eindämmung betroffen war. Die Massenentlassungen, die bis Ende April dieses Jahres fast 41 Millionen Arbeitslose nach sich zogen und zu einer Arbeitslosenquote von 14,7 Prozent führten,[2] forderten insbesondere unter Afroamerikanern zahlreiche Opfer. Nicht zuletzt der Frust über diese Situation verschaffte sich anlässlich jener Ermordung auf den Straßen Luft. In diesem Kontext der ökonomischen Depravation weiter Teile des amerikanischen Proletariats im Zuge der durch die Corona-Pandemie ausgelösten Wirtschaftskrise scheint die Ermordung von George Floyd der Tropfen gewesen zu sein, der angesichts der Frustration und Wut über die andauernde Polizeigewalt gegen Afroamerikaner in den USA das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Schwarze Menschen werden in den USA statistisch gesehen dreimal so oft von Polizisten erschossen wie Weiße, wobei in 99 Prozent aller Fälle von Tötungen durch Polizisten niemand angeklagt wird. Der Rassismus in den Vereinigten Staaten ist eine offene Wunde, die historisch aus ihren eigenen Bedingungen und der ihr eigentümlichen Dynamik, nicht zuletzt aus der Lage des Proletariats und insbesondere seines schwarzen Teils begriffen werden muss. Sie kann nicht einfach als systematisches Scheitern eines Landes verbucht werden, wie es linken und rechten Antiamerikanern beliebt.

2. Kapitalistische Produktionsweise und Rassismus

Die kapitalistische Produktionsweise ist seit ihrer Entstehung eng mit der Ideologie des Rassismus, insbesondere gegen schwarze Menschen verknüpft. Diese Ideologie entstand ursprünglich im Rahmen des Kolonialismus und der Sklaverei, weshalb die Wurzel des Rassismus bis weit in das 16. Jahrhundert zurückreicht. Die Klasse der vornehmlich weißen Kolonialherren legitimierte mittels des Rassismus die Versklavung von schwarzen Menschen weltanschaulich und moralisch, aber rationalisierte auch die beim Handel mit diesen Sklaven und ihrer Sklavenarbeit ausgeübte horrende Gewalt, indem sie ihnen das „Menschsein“ an sich absprach. In der Folge wurden schwarzen Sklaven noch bis in das 19. Jahrhundert hinein ihre Zugehörigkeit zur menschlichen Gattung aberkannt. Was menschlich war, wurde allein aufgrund schwarzer Haut zum Tierischen erklärt. Der Rassismus ist also nicht, wie ein Teil der antirassistischen Linken und Liberalen idealistisch behauptet, die Ursache, sondern umgekehrt die Folge der Sklaverei, die selbst wesentlich ökonomischer Natur war. So entwickelte sich etwa ab Ende des 17. Jahrhunderts der sogenannte „atlantische Dreieckshandel“ zwischen Afrika, Nordamerika und Europa als besondere geschichtliche Form des Sklavenhandels, die mit der Versklavung schwarzer Menschen durch Afrikaner selbst einherging und an den bereits existierenden innerafrikanischen Sklavenhandel anknüpfte. Die Sklaverei spielte darüber hinaus eine entscheidende Rolle bei der sogenannten „ursprünglichen Akkumulation“ (Marx) als historischer Entstehung der kapitalistischen Produktionsweise, vor allem für die Entwicklung des modernen Industriekapitals in Großbritannien, aber auch in den USA.

Ursprünglich als Abwehrideologie vor allem des französischen Adels gegen das Erstarken des Bürgertums kamen bereits im 18. Jahrhundert biologische „Begründungen“ für die angeblich fundamentale Ungleichheit zwischen dem schwarzen und weißen Teil der menschlichen Gattung auf. Der Adel versuchte damit, seine privilegierte gesellschaftliche Stellung zu verteidigen und die Unmöglichkeit der Gleichheit aller Menschen zu „beweisen“. Schließlich wurde der anschwellende politische Konflikt zwischen den weißen Kolonialherren und den schwarzen Sklaven, der auf ihrem ökonomischen Interessengegensatz als antagonistischen Klassen beruhte, im Verlauf des 19. Jahrhunderts zu einem angeblichen biologischen „Rassenkampf“ umgedeutet. Nunmehr wurden die schwarzen Sklaven zwar als Menschen anerkannt, aber zugleich zu einem „rassisch minderwertigen“ Teil der menschlichen Gattung biologisiert. Schwarze Menschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe zuvor noch als „tierisch“ denunziert worden waren, wurden daher trotz der Akzeptanz ihrer Zugehörigkeit zur menschlichen Gattung immer noch als „weniger menschlich“ als weiße betrachtet: Sie stehen, so der Tenor dieser Biologisierung, aufgrund ihrer „rassisch“ bedingten Minderwertigkeit der Natur näher als Weiße und seien daher weniger zur Kultiviertheit und Zivilisiertheit fähig als diese – wenn überhaupt.

Damit erhielt der Rassismus seine moderne Form als eine grundlegende Ideologie der bürgerlichen Gesellschaft, die seitdem zwar verschiedene Gestaltwandel etwa in Formen der „Ethnisierung“ oder seit einiger Zeit auch der „Kulturalisierung“ durchlaufen hat, aber hartnäckig weiterhin besteht. Das Ferment dieser Ideologie bildet das an der Oberfläche jener Gesellschaft haftende Alltagsbewusstsein der Menschen. Die wesentlichen ökonomischen Verhältnisse stellen sich auf dieser Oberfläche in Erscheinungsformen dar, in denen sie verkehrt oder sogar ausgelöscht sind. In einem falschen und trügerischen, aber realen Schein stellt sich die spezifisch kapitalistische Form der Produktionsverhältnisse und des gesellschaftlichen Reichtums als unmittelbar mit ihrem stofflichen Inhalt verwachsen dar. So scheint etwa Boden von Natur aus Grundrente abzuwerfen, obwohl die Grundrente in der kapitalistischen Produktionsweise lediglich ein vom industriellen Kapitalisten an den kapitalistischen Grundeigentümer, dessen begrenztes Stück Erde er gepachtet hat, abzuführender Teil des Mehrwerts ist. Die gesellschaftlichen Eigenschaften des gegenständlichen Reichtums erscheinen so verdinglicht als Natureigenschaften der Dinge selbst, aus denen dieser Reichtum besteht. Damit aber erscheint die kapitalistische Produktionsweise insgesamt nicht mehr als eine bestimmte geschichtliche Art und Weise der Produktion, sondern als eine ahistorische Naturnotwendigkeit – was auch dem Klasseninteresse der Bourgeoisie entspricht. Diese Welt des Scheins, in der die Produktionsverhältnisse als mit eigenem Leben begabte Sachen und die gesellschaftlichen Eigenschaften des in ihnen produzierten Reichtums als den Dingen von Natur aus zukommende Eigenschaften erscheinen, ist allerdings selbst nur Ausdruck davon, dass die menschlichen Wesenskräfte in der Arbeit unter entfremdeter Form verausgabt wurden.

Daher erscheinen auch die gesellschaftlichen Produktivkräfte, die immer Produktivkräfte der menschlichen Arbeit als Verwirklichung des menschlichen Gattungswesens sind, verkehrt als Produktivkräfte des Kapitals. Die Entwicklung des gegenständlichen Reichtums findet in der kapitalistischen Produktionsweise also zwar in entfremdeter Form statt, aber seinem Inhalt nach ist sie immer zugleich auch Entwicklung menschlicher Gattungskräfte. Die Akkumulation des Kapitals um der Akkumulation, seine Produktion um der Produktion willen zwingt die gesamte Menschheit zu einer Entwicklung der Produktivkräfte und zur Herausbildung von materiellen Produktionsbedingungen, welche die objektive Grundlage für eine kommunistische Gesellschaft darstellen, deren „Grundprinzip“ (Marx) die allseitige und schrankenlose Entwicklung der Individuen ist. Der Weg zur Aufhebung der in kapitalistischer Form national und international ungleichmäßig entwickelten, von sich selbst entfremdeten menschlichen Wesenskräfte geht also durch diese Entfremdung selbst hindurch, insofern das Kapital überhaupt erst die materiellen Voraussetzungen für die freie Entwicklung einer umfassenden Individualität schafft und damit die Aneignung der universell herausgebildeten Gattungskräfte ermöglicht. Durch die von ihm einverleibten Produktivkräfte erzeugt es ebenso einen allseitigen Verkehr und umfassende Beziehungen der Menschen zueinander wie eine universelle Entwicklung der Individuen und ihrer gattungsmäßigen Wesenskräfte als „Welt von produktiven Triebe und Anlagen“ (Marx).[3]

Das Alltagsbewusstsein spiegelt die fetischistische Erscheinung der kapitalistischen Reichtumsformen von Ware, Geld und Kapital und damit auch der eigenen, aber entfremdeten menschlichen Wesenskräfte unmittelbar spontan als „gang und gäbe Denkformen“ (Marx) wider. Diese alltäglichen Denkformen reproduzieren spontan ideell die sachliche Verkehrung der ökonomischen Verhältnisse und den ihr anhaftenden Schein des gesellschaftlichen Reichtums als entfremdete Form ihrer eigenen Gattungskräfte. Die Menschen fühlen sich in diesem Formen völlig zu Hause. Sie setzen diese Formen im bornierten, partikularen Rahmen ihres Alltagsdenkens als gewissermaßen „selbstverständlich“ voraus, weil sie sich ständig in ihnen bewegen und in ihrem Alltagsleben damit konfrontiert werden. Gerade in der unmittelbaren Widerspieglung des Gespenstischen der ökonomischen Verhältnisse, dem Spuk ihrer eigenen, aber verselbstständigten und an den Dingen selbst als Natureigenschaften erscheinenden Beziehungen zueinander fühlen sie sich wohl. Während so etwa primitive Lebenskünstler „wissen“, dass Geld „nur Papier“ sei, meinen moderne Glücksritter, Gold besitze aufgrund einer ihm naturhaft innewohnenden, okkulten Qualität seine Funktion als Wertanlage.

3. Rassismus als kapitalistische Alltagsreligion

Die unmittelbare ideelle Reproduktion der verkehrten Erscheinungsformen und des mit ihnen einhergehenden falschen Scheins im Alltagsbewusstsein mündet allerdings nicht nur in manifest bewussten Denkformen, sondern mit ihr werden auch sich scheinbar spontane, libidinös bedingte Affekte aufgerührt. Diese Affekte äußeren sich zwar als intuitive gefühlsmäßige Erregungszustände, aber ihre tieferliegenden Gründe bleiben im Alltagsleben vor- oder sogar unbewusst. Die wirklichen Motive für diese Affekte werden dabei nicht begriffen. So kann etwa ein Kapitalist entsprechend der Mystifikation der kapitalistischen Produktionsweise sein klassenmäßig bestimmtes Interesse an ihrem Fortbestand damit weltanschaulich und moralisch rechtfertigen, dass diese Produktionsweise seinem Alltagsverständnis nach einem angeblich überhistorischen, naturalisierten „menschlichem Wesen“ entspreche. Seinen eigenen Profit, der ihm durch den verdinglichten Schein der gesellschaftlichen Verhältnisse einerseits in Form des Unternehmergewinns als ein ihm unabhängig vom Kapital zufließender „Arbeitslohn“ und andererseits als Zins erscheint, kann er damit zugleich als eine Einnahmequelle mit ewiger Berechtigung legitimieren.

Als integraler Bestandteil dieses verkehrten, durch die Widerspiegelung der Mystifikationen der ökonomischen Verhältnisse bestimmten Alltagsbewusstseins ist der Rassismus nicht einfach ein falsches Bewusstsein, das aus gedanklichen Irrtümern bestehe oder auf mangelnden Erfahrungen beruhe, wie es bürgerliche Liberale meinen, weil er sich dann auch mehr oder weniger umstandslos korrigieren ließe. Vielmehr stellt er eine „Religion des Alltagslebens“ (Marx), eine kapitalistische Alltagsreligion dar, in der die verdinglichte Erscheinung des gesellschaftlichen Reichtums in der kapitalistischen Produktionsweise anthropomorphisierend, d.h. vermenschlichend vornehmlich auf eine bestimmte Gruppe von Individuen übertragen wird. In den Vereinigten Staaten bieten sich dafür vornehmlich Afroamerikaner an, weil sie aus dem historisch bedingten Grund der modernen Sklaverei in Nordamerika und aufgrund ihrer spezifischen Klassenlage, trotz der mittlerweile bestehenden rechtlichen Gleichheit, insgesamt eine gesellschaftlich marginalisierte Gruppen bilden. Daneben stellen sie mit einem Anteil von nur etwa 13 Prozent an der US-amerikanischen Bevölkerungen, wobei die Verteilung dieses Anteils je nach Region und der Teilung von Stadt und Land variiert, auch quantitativ betrachtet eine gesellschaftliche Minderheit dar. Aus diesen Gründen sind sie prädestiniert dafür, als Fläche für rassistische Projektionen zu dienen. Durch diese Projektionen werden bestimmte Natureigenschaften von Menschen, im Fall der afroamerikanischen Bevölkerung vor allem schwarze Haut, falschmit sozialen Eigenschaften identifiziert. Diese sozialen Eigenschaften werden Menschen in der bürgerlichen Gesellschaft allgemein entweder „zugeschrieben“ oder kommen ihnen aufgrund bestimmter historischer Bedingungen, vor allem ihrer tradierten Stellung innerhalb der klassenmäßig bestimmten Teilung der gesellschaftlichen Arbeit, tatsächlich zu.[4] Insofern im Rassismus soziale, vorrangig aus einer bestimmten Klassenlage herrührende Eigenschaften von Menschen mit dem biologischen Merkmal ihrer Hautfarbe verdinglicht werden, ist der Rassismus eine Klassenfrage, auch wenn er nicht darauf reduziert werden kann. Insbesondere im Rassismus gegen schwarze Menschen wird deren Hautfarbe negrophob mit negativ bewerteten sozialen Eigenschaften wie „Faulheit“, „Dummheit“ und „Kriminalität“ gleichgesetzt. Spiegelverkehrt werden in der sogenannten „Negrophile“, die gewissermaßen die Kehrseite der rassistischen Medaille bildet, soziale Eigenschaften von schwarzen Menschen zwar ebenfalls biologisiert, aber sozusagen „positiv“ gewertet. Sie werden als einem eingebildeten „Naturzustand“ näher betrachtet und dementsprechend angeblich „positive“ Merkmale wie „Vitalität“, „Kreativität“ und „sexuelle Potenz“ auf sie projiziert.

Auf früheren Entwicklungsstufen der Gesellschaft erscheint das einzelne Individuum gewissermaßen noch als „reicher“ und „voller“, weil sich seine mannigfaltigen sozialen Beziehungen noch nicht als solche aus dem Naturzustand herausgearbeitet und sich „als von ihm unabhängige gesellschaftliche Mächte und Verhältnisse“[5] gegenübergestellt haben. In der Negrophile drückt sich eine lächerliche, romantische Sehnsucht nach diesem Zustand aus, die hinter die hochgradige und universelle Entfaltung menschlicher Wesenskräfte, welche sich auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise vollzieht und historisch überhaupt erst die freie Entwicklung der Individualität im Rahmen einer höheren Gesellschaftsformation ermöglicht, regressiv zurückfallen möchte. Die Negrophobie wiederum beruht im Gegensatz darauf, dass sich in der historisch entwickelten bürgerlichen Gesellschaft die Entfremdung des Individuums von seinen eigenen gattungsmäßigen Wesenskräften und anderen Individuen allgemein geworden ist, da sich diese verkehrt als Kräfte des Kapitals darstellen. Der mit dieser Verkehrung einhergehende, verdinglichte Schein der gesellschaftlichen Verhältnisse, der in der Negrophobie vermenschlichend auf Schwarze übertragen wird, beruht also auf der „völligen Entleerung“ (Marx) der Individualität angesichts der Entfremdung des Individuums und zementiert diese Entfremdung letztlich, indem die menschliche Gattung durch eine angeblich unüberwindbare biologische Kluft in verschiedene „Rassen“ gespalten wird. Innerhalb dieser Spaltung tritt nun an die Stelle der dargestellten Bewunderung eines vermeintlich „unentfremdeten“, einfacheren Naturzustands unentwickelter Individualität die chauvinistische Verachtung desselben und die rassistische Annahme eigener, „biologisch“ begründeter Überlegenheit und Höherwertigkeit. In beiden Fällen werden die angeblichen Naturmerkmale schwarzen Menschen zugeschrieben oder aber mit ihren sozialen Eigenschaften, die vornehmlich aus ihrer historisch bedingten Rolle innerhalb der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und damit ihrer Klassenklage herrühren, gleichgesetzt. Demnach stehen sich Negrophobie und -phile nur scheinbar als Gegensätze gegenüber. In Wirklichkeit können sie stets ineinander umschlagen, weil beide letztlich auf einer Biologisierung sozialer Eigenschaften von schwarzen Menschen beruhen. Die falsche Alternative zwischen der romantisch-regressiven Sehnsucht nach beschränkten, vorkapitalistischen Formen menschlicher Individualität und die historischen Fixierung der absoluten Entfremdung dieser Individualität, welche letztlich auf eine Affirmation der kapitalistische Produktionsweise hinausläuft, lässt sich nur aufheben, indem diese Produktionsweise selbst zugunsten einer gattungsmäßig höher entwickelten, kommunistischen Gesellschaft umgewälzt wird.

Als kapitalistische Alltagsreligion stellt der Rassismus in gewissem Sinne, ebenso wie andere Ideologien wie etwa der Antisemitismus, eine „Basisideologie“ (Claussen) der bürgerlichen Gesellschaft dar, da er einen festen Bestandteil der kapitalistischen Reproduktionstotalität bildet. Die kapitalistischen Produktionsverhältnisse sind zwar nicht rassistisch strukturiert, d.h. das Kapital ist tatsächlich blind gegenüber der Hautfarbe des Arbeiters, wie es bürgerliche Liberale so gerne wären. Der Rassismus ist für die kapitalistische Produktionsweise aber auch nicht nur „funktional“ in dem Sinne, dass er ihr an sich äußerlich, aber für ihr Bestehen und Funktionieren dennoch von Vorteil wäre. Er trägt diese vielmehr wesentlich mit, insofern er notwendig den bestimmten geschichtlichen Erscheinungsformen des gesellschaftlichen Reichtums in der kapitalistischen Produktionsweise entspringt, da in dieser Produktionsweise die gesellschaftlichen Verhältnisse zwischen Sachen, durch welche die gesellschaftlichen Verhältnisse der Personen vermittelt werden, als Natureigenschaften von Dingen erscheinen. Deshalb handelt es sich bei der politischen Alternative, ob der Rassismus mit einer fortschreitenden Entwicklung der kapitalistischen Produktionsweise historisch obsolet werde oder aber seine Abschaffung unmittelbar mit der revolutionären Aufhebung dieser Produktionsweise zusammenfalle um eine falsche. Die Fortentwicklung der bürgerlichen Gesellschaft führt zwar zu ihrem stetigen „Gesellschaftlicherwerden“ (Lukács), also zum Zurückdrängen der Naturschranke und schließt eine über den Weltmarkt vermittelte, extensiv wie intensiv zunehmende Integration verschiedener Gesellschaften hin zu einer Weltgesellschaft ein. Da der Rassismus jedoch ein für die kapitalistische Reproduktionstotalität insgesamt integraler Bestandteil ist, kann er im Zuge der historischen Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft nur seine Gestalt wandeln, niemals aber auf deren Boden sozusagen wie von selbst „verschwinden“. Andererseits erfüllt der Rassismus nicht nur die Funktion einer „Sündenbockideologie, wie der marxistische Ökonomismus in seinem instrumentellen Verständnis bürgerlicher Herrschaft annimmt und hat sich auch nicht unmittelbar mit der Umwälzung kapitalistischer Produktionsverhältnisse „erledigt“, wie der marxistische Ökonomismus in seinem mechanischen Materialismus annimmt. Diese Umwälzung ist allerdings die notwendige historische Bedingung, um den Rassismus als eine die Menschheit in unterschiedliche „rassische“ oder „ethnische“ Teile spaltende Ideologie historisch überkommen zu können.

Die Ideologen der Bourgeoisie knüpfen an den Rassismus als kapitalistische Alltagsreligion an und bereiten ihn systematisch zu einer umfassenden Weltanschauung auf. Dabei greifen sie auch die mit der ideellen Reproduktion der verkehrten, verdinglichten Erscheinungsformen des kapitalistischen Reichtums im Alltagsbewusstsein hervorgerufenen Affekte auf und rationalisieren bzw. intellektualisieren diese pseudo-wissenschaftlich. Dem kommt entgegen, dass Gefühle nicht selten eher als der Verstand erregt werden. Der Rassismus „wächst“ also gewissermaßen aus dem verkehrten Alltagsbewusstsein „heraus“, aber hinsichtlich der Ideologiebildung ist er nicht klassenneutral, sondern wird dezidiert von den Ideologen der herrschenden Klasse produziert. Diese Ideologie im strengen Sinne wirkt wiederum, über die Grenzen der verschiedenen Klassen und ihrer Fraktionen hinweg, auf das Alltagsbewusstsein zurück. Allerdings wird sie dabei nicht zwangsläufig vollständig und in sich stimmig, sondern in der Regel lediglich in Form einzelner weltanschaulicher Versatzstücke in jenes Bewusstsein integriert. Es besteht also ein komplexes, keinesfalls einseitiges Wechselverhältnis zwischen dem Alltagsbewusstsein und rassistischer Ideologiebildung, wobei das Alltagsbewusstsein das übergreifende Moment bildet, da der Rassismus als Ideologie einerseits aus ihm entspringt und andererseits in es mündet.[6]

4. Rassismus als Massenpsychose

Der Rassismus wird nicht nur, wie bereits betont, in seiner systematischen Aufbereitung zu einer mehr oder weniger geschlossenen Weltanschauung durch die Ideologen der Bourgeoisie insofern psychisch rationalisiert, als die ihm zugrundeliegenden, im Alltagsbewusstsein nicht manifest bewussten libidinös bedingten Affekte nachträglich ideologisch legitimiert werden. Er stellt darüber hinaus im Wesentlichen eine infantile Regression auf ein frühes Entwicklungsstadium des Ichs dar, auf dem die Beziehungen des Gesamt-Ichs zu den Objekten noch hauptsächlich durch aggressive, sich beispielsweise als „Hass“ manifestierende Triebregungen reguliert wurden. Diese Regression kann letztlich sogar bis zur psychopathologischen Persönlichkeitsstörung führen – wie im Fall von Tobias Rathen, der am 19. Februar dieses Jahres aus rassistischen Motiven neun Menschen ermordete, bevor er seine Mutter erschoss und sich selbst richtete. Die extreme Konsequenz einer solchen Störung, die aus einer infantilen Regression herrührt, ist allerdings nicht die Regel ist, sondern kommt nur in einzelnen Fällen vor.[7] Beim pathologischen Hass des Rassisten auf Menschen mit einer anderen Kultur oder Ethnie, die zu einer angeblich absolut verschiedenen „Rasse“ biologisiert werden, handelt es sich um ein Syndrom ungezügelter aggressiver Destruktivität unter wahnhafter Realitätsverweigerung. Dieses Syndrom stellt individualpsychologisch eine paranoide Schizophrenie, als bestimmte Form der Psychose dar. Der einzelne Rassist muss jedoch nicht zwangsläufig Psychotiker sein, sondern kann sich psychopathologisch als vollkommen „normal“ darstellen. Der Rassismus als psychisches Syndrom ist allerdings keinindividual-, sondern ein massenpsychologisches Phänomen: Er ist, wenn er als Ideologie die Massen ergreift und dadurch zur praktischen Gewalt wird, wie auch der Antisemitismus ein kollektiver, paranoider Wahn im Sinne einer„Massenpsychose“ (Simmel). Das Ich des Rassisten ist psychisch so disponiert, dass bereits geringfügige Einschränkungen der libidinös besetzten Objekte, z.B. durch ihr rudimentäres Versagen oder ihren teilweisen vorübergehenden Entzug, zum Abwehrmechanismus der infantilen Regression führen kann. Massenpsychologisch betrachtet bedeutet dies, dass ein bestimmter Auslöser (z.B. ein Ereignis oder eine Handlung) in der die Rassisten umgebenden objektiven Realität zur paranoiden Massenpsychose führen kann. Als ein solcher Auslöser kann etwa die Flucht zahlreicher Menschen angesichts des syrischen Bürgerkrieges nach Europa verstanden werden, die seit 2015 in Deutschland und anderen Länder der EU zur sogenannten „Flüchtlingskrise“ führte. In Reaktion auf diese Krise kamen Massenbewegungen wie Pegida auf, in denen sich der Rassismus als paranoide Massenpsychose manifestierte. Solche rassistischen Massenbewegungen wurden vor allem von Russland, als militärische Avantgarde des geopolitischen Lagers der globalen Konterrevolution, gezielt geschürt.

Die psychische Disposition zum psychotischen Realitätsverlust ist hauptsächlich bedingt durch die grundlegenden Entfremdungen in der modernen bürgerlichen Gesellschaft: der Entfremdung des Arbeiters vom Produkt seiner eigenen Arbeit, vom Akt der Arbeit selbst, von seinem menschlichen Gattungswesen und damit schließlich auch vom anderen Menschen. Den übergreifenden Aspekt in diesen verschiedenen Dimensionen der Entfremdung bildet die entfremdete Arbeit, da alle anderen Formen der Entfremdung seinsmäßig in letzter Konsequenz auf dieser spezifischen Entfremdung basieren. Die konkret nützliche Arbeit erscheint in der kapitalistischen Produktionsweise in der bestimmten historischen Form der Lohnarbeit. Ihrem übergeschichtlichen Inhalt nach, also als Vermittlung des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur sowie des Verhaltens der Menschen zueinander, bringt sie eine gewisse Realitätserfahrung hervor und führt zu entsprechenden Korrekturen irriger Vorstellungen durch einen „spontanen Materialismus“ (Lukács) des Alltagslebens. In der selbsttätigen Auseinandersetzung mit der ihn umgebenden, äußeren Natur und seiner inneren Natur wird der Mensch mit der objektiven Realität konfrontiert, was auch seine psychische Realitätsprüfung bedingt und befördert. Andererseits wirkt die historisch bestimmte Form der Lohnarbeit als entfremdete Form der Arbeit solchen Realitätserfahrungen auch entgegen. Im Zuge der potenzierten Entfremdung des Arbeiters von seiner eigenen Arbeit, die notwendigerweise aus der Trennung der unmittelbaren Produzenten von den Produktions- und Lebensmitteln entspringt, setzt sich auch zunehmend de Tendenz durch, dass die Arbeit ihre Fähigkeit zur angemessenen Vermittlung der Auseinandersetzung des Menschen mit der Realität verliert. Dieser durch die entfremdete Arbeit begründete tendenzielle Realitätsverlust wird noch dadurch begünstigt, dass sich die gesellschaftliche Arbeitsteilung in der kapitalistischen Produktionsweise und damit der gesellschaftlich kombinierte Gesamtarbeiter immer weiter ausdifferenzieren, womit auch die verschiedenen Formen der den Stoffwechsel mit der Natur vermittelnden konkret nützlichen Arbeit zunehmen, und dadurch stetig komplexer werden. Diese steigende Komplexität ihrer gesellschaftlich geteilten Arbeit erfahren die Individuen als entfremdete, sie erdrückende „Naturmacht“, da sie die gesellschaftliche Gesamtarbeit nicht als assoziierte Produzenten bewusst und planmäßig unter sich verteilen, sondern, als isolierte Individuen repressiv unter das naturwüchsige System der Teilung der gesellschaftlichen Arbeit subsumiert werden. Anstatt sie also zu befähigen, potentiell an allen Punkten der gesellschaftlichen Produktion mit der Wirklichkeit in Berührung zu kommen, degradieren die kapitalistischen Produktionsverhältnisse die individuellen Äußerungen der menschlichen Gattungskräfte zum bloß einseitigen Mittel für den Zweck des Verwertungsprozesses des Kapitals und die Sicherung des individuellen Überlebens. Unter anderem daher rührt auch ein gewisser Überdruss der Menschen, sich über die Partikularität ihres Alltagslebens hinaus mit der sie umgebenden objektiven Realität auseinanderzusetzen. Hinzukommend wird die Tendenz zum fortschreitenden Verlust der Fähigkeit der Arbeit, basale Realitätserfahrungen zu vermitteln, durch die spektakuläre Seite der kapitalistischen Warenproduktion, die Zunahme moderner Entfremdungsformen und nicht zuletzt die umfassende Manipulation in der hochentwickelten kapitalistischen Produktionsweise verstärkt.

Dabei ist unter dieser umfassenden „Manipulation“ nicht eine unmittelbar persönliche Täuschung des Bewusstseins zu verstehen, wie in der aufklärerischen Kritik der Priestertrugstheorien des 18. Jahrhunderts, sondern die Gesamtheit der mit ideologischen, technischen und bürokratischen Mitteln betriebenen Versuche, die Wirklichkeit unter Abstraktion von ihren grundlegenden seinsmäßigen Bestimmungen umzumodeln. Diese „universelle Manipulation“ (Lukács) ist in ihrer antiontologischen Stoßrichtung ein konstitutives Merkmal der hohen geschichtlichen Entwicklungsstufe der kapitalistischen Produktionsweise. Mit der sich ausdifferenzierenden, an Komplexität gewinnenden gesellschaftlichen Arbeitsteilung werden auch die teleologischen Setzungen, die dieser Arbeitsteilung zugrunde liegen, relativ komplex vermittelt. Sie zielen immer weniger direkt auf Vermittlung des Stoffwechsels zwischen Mensch und Natur, sondern vermehrt darauf, andere Menschen so zu beeinflussen, dass sie sich gemäß den Wünschen und letztlich klassenmäßig bestimmten Interessen der diese Ziele setzenden Menschen verhalten. Die Gegenstände zur Verwirklichung solcher Setzungen werden dabei, im Vergleich zur Alternative der angemessenen oder inadäquaten Erfassung der objektiven Realität durch das Bewusstsein des Arbeiters im Arbeitsprozess, zunehmend uneindeutig. Da der Gegenstand der Zwecksetzungen in den hochvermittelten Produktionszweigen und der in ihnen verrichteten Arbeiten in der stark ausdifferenzierten Arbeitsteilung der modernen bürgerlichen Gesellschaft immer öfter ein anderer Mensch selbst ist, wird auch dieser Gegenstand, der mit einem eigenen Willen und Bewusstsein begabt ist, unberechenbarer. Er erhält dadurch eine neue, deutlich flexiblere Qualität, die weiter von der seinsmäßigen Auseinandersetzung mit der objektiven Realität entfernt ist als im unmittelbaren Produktionsprozess des Kapitals. Damit einhergehend nimmt auch der spontane Materialismus des Alltagslebens zunehmend ab. Dies begünstigt den zunehmenden Verlust an Realitätserfahrung und damit auch einer adäquaten Realitätsprüfung, wodurch die Menschen vermehrt zum Realitätsverlust psychisch disponiert werden.[8]

5. Identitätspolitik, ökonomistischer Klassenreduktionismus und liberale Aufklärungsmanier als Varianten eines falschen Antirassismus

Wie hervorgehoben ist der Rassismus zugleich Ideologie, kapitalistische Alltagsreligion und psychisches Syndrom. Er lässt sich nur in der Wechselwirkung dieser drei Aspekte angemessen verstehen, was die notwendige Voraussetzung dafür ist, ihn politisch bekämpfen und letztlich überwinden zu können. Das Widerspiegelungsverhältnis zwischen der kapitalistischen Produktionsweise und dem Rassismus als Ideologie, zwischen proletarischer Daseinsform und kapitalistischer Alltagsreligion, zwischen den modernen Entfremdungsformen und dem Rassismus als psychisches Syndrom wird in den verschiedenen Formen eines falschen Antirassismus entweder ausgeblendet oder zugunsten einer Seite suspendiert. Mal werden diese verschiedenen Pole einfach identifiziert, mal absolut getrennt, nie jedoch als Pole eines Verhältnisses von Identität von Identität und Nicht-Identität aufgefasst. Wie der Rassismus selbst, so verdinglicht auch ein Antirassismus, der ihn identitätspolitisch fasst, die angeblich absolut verschiedenen Lebensverhältnisse verschiedener Teile des Proletariats zu fixen kulturellen oder ethnischen Eigenschaften. Er versteht unter Rassismus einen „Kampf der Kulturen“ oder „Ethnien“, wobei der „white supremacy“ kulturalistisch bzw. ethnizistisch der positive Bezug auf „schwarze Identität“ entgegengehalten wird. Den „people of color“ wird dabei eingeredet, dass sie auf die ihnen gesellschaftlich aufgezwungenen Unterdrückungen und ihre damit einhergehenden Verstümmelungen stolz sein sollen. Mit ein wenig Umdenken und unter den Fittichen linker akademischer Lautsprecher könnten sie sich der rassistischen Unterdrückung angeblich entledigen. Von der ökonomischen Grundlage, der kapitalistischen Produktionsweise, welche den Rassismus als Alltagsreligion naturwüchsig hervortreibt, sieht dieser identitätspolitische Antirassismus ebenso ab wie von der systematischen Aufbereitung jener Alltagsreligion zu einer umfassenden Weltanschauung. Er kulturalisiert dagegen die ökonomischen Ursachen des Rassismus und löst in der Folge den Zusammenhang zwischen antirassistischem Emanzipations- und proletarischem Klassenkampf zugunsten des ersteren auf. Ideologisch wird diese Form des Antirassismus hauptsächlich von der „Post Colonial-Theory“ repräsentiert, die momentan nicht nur im akademischen Diskurs Oberwasser zu haben scheint.

Die Neue Bourgeoisie bedient sich in ihrem Bourgeoissozialismus unter anderem dieser Ideologie, deren momentanen Aufschwung sie als Chance sieht, um einzelne Funktionsträger der alten Bourgeoisie zu schikanieren und falls möglich zu entmachten, ja überhaupt ein politisches Klima der „white guilt“ zu schaffen. Dieses Klima ist für sie auch geopolitisch bedeutsam, weil es die vom globalen Lager der Konterrevolution angestrebte Destabilisierung der privatkapitalistisch-liberalen Gesellschaften des Westens forcieren soll. Es offenbart darüber hinaus den ersatzreligiösen Charakter des identitätspolitischen Antirassismus, der sich schlagend im Verhältnis von Bewegungen wie „BlackLivesMatters“ zu ihren „white allies“ zeigt, etwa indem diese Verbündeten auf Demonstrationen zu Werkzeugen verdinglicht als menschliche Schutzschilde gegen die Polizei eingesetzt werden, oder in ersatzreligiösen Ritualen, die an Gottesdienstes charismatischer Christen erinnern, auf die Knie gehen und die schwarzen Protagonisten der Bewegung um „Vergebung“ für ihre „white guilt“ bitten, bis hin dazu, dass sie schwarzen religiösen Führern im Rahmen dieser Demonstrationen die Füße waschen wie einst Jesus seinen Jüngern. Hieran zeigt sich, dass diese Bewegung insbesondere für weiße Menschen eine religiöse Erweckungs- und Erlösungsbewegung in säkularisierter Form darstellt, worunter ein nicht zu unterschätzender, aber nicht unbedingt bewusster Anteil der Motivation für ihre rege Teilnahme an den mittlerweile internationalen Demonstrationen bestehen dürfte.

Nicht zuletzt versucht die Neue Bourgeoisie, die von schwarzen Aktivisten des identitätspolitischen Antirassismus erhobenen Forderungen nach materieller Entschädigung für den Kolonialismus und Rassismus zu instrumentalisieren, um die in den USA vorherrschenden privatkapitalistischen Eigentumsverhältnisse in staatskapitalistische umzuwandeln. Die politischen Assoziationen des identitätspolitischen Antirassismus wie „BlackLivesMatter“ bleiben dagegen, weil sie vollständig dem Boden der kapitalistischen Produktion verhaftet sind, grundlegend reformistisch und leisten stets nur Sisyphusarbeit. Diese Arbeit erschöpft sich in aktivistischer Kampagnen- und Symbolpolitik zur Reformierung des staatlichen Gewaltapparats, rein legalistischen Kämpfen zur Verbesserung der rechtlichen Situation schwarzer Menschen oder für eine angemessene Umsetzung der bereits bestehenden Rechtsprechung, Spendenaufrufen für antirassistische Organisation  und  einer bloß diskurstheoretischen Kritik des Rassismus. Letztere sitzt, entsprechend der ihr zugrundeliegenden postmodernen Ideologie, in weiten Teilen einer Sprachmagie auf: Sie glaubt, das Problem des Rassismus durch eine Manipulation der bestehenden Sprache von links aus der Welt schaffen zu können. Seinen traurigen Höhepunkt erreichte diese Form des Antirassismus angesichts der Ermordung Georg Floyds in einer social-media-Kampagne unter dem Hashtag „blackouttuesday“, mit dem am ersten Dienstag im Juni dieses Jahres nichts außer ein schwarzes Bild auf Accounts in sozialen Netzwerken gepostet werden sollte, um „ein Zeichen“ gegen rassistische Polizeigewalt zu setzen.

Demgegenüber reduziert der im Ökonomismus des traditionellen Marxismus bzw. Marxismus-Leninismus befangene Teil der Linken den Rassismus unmittelbar auf die kapitalistischen Produktionsverhältnisse und die Klassenlage der Arbeiter. Er beschränkt den Rassismus daher auf seine Funktion als „Sündenbockideologie“, die tatsächlich nur eine unter anderen ist, und missversteht ihn als ausschließliches „Instrument der Herrschenden“ zum „Teilen und Herrschen“.[9] Insbesondere Trump wird von diesen ökonomistischen Linken in ihrem klassenreduktionistischen Antirassismus vorgeworfen, er bediene sich jener berühmt-berüchtigten Maxime, um die US-amerikanische Arbeiterklasse zu spalten und zu beherrschen. Demgegenüber wird abstrakt die Einheit dieser Klasse über ihre verschiedenen Spaltungen entlang kultureller bzw. ethnischer Grenzen betont. Auch wenn diese Betonung in ihrer politischen Stoßrichtung allgemein richtig ist, so wird in dieser Abstraktheit doch von der besonderen Daseinsform der proletarischen Existenz schwarzer Menschen, die sich von derjenigen weißer Arbeiter unterscheidet, abgesehen. In letzter Konsequenz suspendiert dieser ökonomistische Antirassismus daher jedwede eigenständige ideologische und politische Bekämpfung des Rassismus, auch und gerade durch die von ihm Betroffenen selbst, zugunsten des proletarischen Klassenkampfes. Die Lösung des „Rassismusproblems“ wird letztlich in einem als utopisches Ideal auf den Sankt Nimmerleinstag verschobenen Kommunismus gesehen. Der Rassismus wird damit explizit oder implizit zu einem „Nebenwiderspruch“ relativiert und der selbständige Kampf der schwarzen Bevölkerung innerhalb des historisch bereits gegebenen Spielraums zur relativen Verbesserung ihrer Lage als „sektiererischer Separatismus“ diskreditiert. Nicht der potenziell revolutionäre Klassenkampf soll notwendigerweise auch ein Kampf für die Emanzipation vom Rassismus sein, sondern letzterer immer nur in einem maximalistischen Revolutionarismus auf einen abstrakt proklamierten Klassenkampf hinauslaufen.

Diese ökonomistische Variante des falschen Antirassismus schlägt regelmäßig in politischen Attentismus und Indifferentismus gegenüber dem Rassismus um, demzufolge die bürgerliche Gesellschaft im Verlauf ihrer eigenen Entwicklung den Rassismus in einem evolutionären Mechanismus von selbst abschaffe. Damit schlägt der grobe Materialismus des ökonomistischen Antirassismus in die idealistische Auffassung um, dass der Rassismus nur ein „vorkapitalistisches Relikt“ sei, nämlich eine auf Sklaverei und Kolonialismus beruhende und daher historisch überkommene Ideologie, die in der kapitalistischen Produktionsweise lediglich tradiert werde. Dabei wird allerdings übersehen, dass der moderne Rassismus zwar an vormoderne Ideologieversatzstücke anknüpft, aber eine genuin kapitalistische Alltagsreligion darstellt, die aus der kapitalistischen Produktionsweise selbst entspringt. Die Genese des Rassismus als moderner Ideologie muss daher aus dieser Produktionsweise selbst, also der „Anatomie der bürgerlichen Gesellschaft“ (Marx) erklärt werden.[10] Zur theoretischen Rechtfertigung dieses Umschlages wird von marxistischen Ökonomisten nicht selten die Marxsche Äußerung angeführt, dass das Kapital seinem Wesen nach ein „Leveller ist, d.h. in allen Produktionssphären Gleichheit der Exploitationsbedingungen der Arbeit als sein angebornes Menschenrecht verlangt“[11]. Tatsächlich bedeutete die Nivellierung der Unterschiede in den verschiedenen Produktionszweigen der kapitalistischen Produktion und die tendenzielle Überformung vorkapitalistischer Eigentumsformen wie der Sklaverei durch das Kapital aber nicht, dass diese Formen und die ihnen entsprechenden Ideologien in der bürgerlichen Gesellschaft vollständig überwunden wären. Die kapitalistische Produktion wird in dieser Gesellschaft vielmehr nur zur dominierenden Form der Produktion, „die allen übrigen und deren Verhältnisse daher auch allen übrigen Rang und Einfluß anweist.“[12] Dabei werden gerade die ökonomisch-sozialen Unterschiede zwischen und innerhalb der Klassen durch die kapitalistische Produktionsweise entfaltet. Gleichheit vor dem Gesetz, die Proklamation der universellen Menschenrechte und Gleichheit der Exploitationsbedingungen, beseitigen daher keineswegs die reale soziale Ungleichheit und ihre Erscheinungsformen als Natureigenschaften ihrer Träger, sondern sind vielmehr immanenter Bestandteil ihrer Durchsetzung. Mit dem Umschlag des ökonomistischen Antirassismus in den kulturalistischen zeigt sich, dass sich diese beiden Spielarten eines falschen Antirassismus nicht einander ausschließend gegenüberstehen, wie es zunächst scheint. Vielmehr liegt ihnen gemeinsam zugrunde, dass sie das Verhältnis zwischen der kapitalistischen Produktionsweise und dem Rassismus, damit aber letztlich auch den Zusammenhang zwischen dem Kampf um die Emanzipation vom Rassismus und den proletarischen Klassenkampf jeweils einseitig auflösen. Sie begreifen dieses Verhältnis also nicht als eines der Identität von Identität und Nichtidentität, indem beide Pole weder absolut voneinander getrennt sind, wie im kulturalistischen Antirassismus behauptet, noch unmittelbar zusammenfallen, wie es der ökonomistische Antirassismus proklamiert.

Schließlich stellt die seit dem 18. Jahrhundert „beliebte Aufklärungsmanier“ (Marx) die dritte Variante eines falschen Antirassismus dar, in der der Rassismus zu einem Ensemble von Vorurteilen und Klischees erklärt wird. Damit wird nicht nur von der materiellen Basis, aus welcher der Rassismus als kapitalistische Alltagsreligion erwächst, abstrahiert, sondern der Rassismus selbst kann auch nicht mehr als eine solche Alltagsreligion begriffen werden. Seine Entstehung wird stattdessen auf eine falsche bzw. mangelhafte Sozialisation zurückgeführt: Aus der Tatsache, dass Rassismus selbst keine biologische Eigenschaft und daher nicht angeboren ist, wird in einem falschen Umkehrschluss gefolgert, dass er „erlernt“ wäre und daher auch jederzeit wieder „verlernt“ werden könnte. Folglich hat man sich ihn einfach aus dem Kopf zu schlagen wie einen Schwarm, in den man unglücklich verliebt ist. Die politischen Forderungen dieses Antirassismus laufen auf eine idealistische Bekämpfung des Rassismus durch Bildung, Aufklärung, Kultivierung usw. hinaus. Hinter solchen Forderungen steht letztlich ein bildungsbürgerlich verbrämter, sozialchauvinistischer Dünkel, der den Rassismus bestimmten Teilen der Arbeiterklasse exklusiv zuschreibt: Ausschließlich die untersten Schichten des Proletariats, die aufgrund ihrer prekären Klassenlage mangelhaft gebildet wären oder wegen ihrer eingeschränkten Lebensweise (z.B. mangelnder Mobilität) keine Erfahrung mit Menschen „anderer Hautfarbe“ machen würden, seien rassistisch.[13] Damit wird der spezifische Klassencharakter rassistischer Ideologieproduktion geleugnet und der Rassismus gewissermaßen von der herrschenden Klasse auf die untersten Schichten der Arbeiterklasse exterritorialisiert. Das kommt zwar nicht den von Rassismus betroffenen Menschen, aber der Bourgeoisie selbst zugute, die dadurch nicht nur von ihm freigesprochen wird, sondern zugleich wird damit auch der von ihr beherrschten Gesellschaftsordnung eine Absolution erteilt, weil sie nicht mehr als ursächlich für den Rassismus ausgemacht wird. Doch es sind letztlich die getrennten Erscheinungsformen der kapitalistischen Reproduktionstotalität, einschließlich der ihr entsprechenden psychischen Dispositionen der in dieser Totalität lebenden Individuen, die der rassistischen Ideologie zugrunde liegen. Die Klassenteilung, die innere Schichtung der Lohnarbeiterklasse, die Entfremdung der Arbeit, also die einer bestimmten historischen Form der Produktion eigenen gesellschaftlichen Wirkungen mystifiziert die rassistische Ideologie zu unverrückbaren Natureigenschaften ihrer Träger, im Fall des antischwarzen Rassismus zu denen von schwarzen Menschen.

6. Die USA und die Ideologie des Rassismus

Die USA sind das industriell entwickeltste Land der Welt. Hier gelangen die Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise am freiesten zur Entfaltung, hier ist diese Produktionsweise am wenigsten mit Resten vorkapitalistischer Gesellschaftsformationen verquickt. Dennoch bildete die Versklavung schwarzer Menschen nicht nur ein wesentliches Element der ursprünglichen Akkumulation des Kapitals, sondern existierte innerhalb der sich auf ihren eigenen Grundlagen reproduzierenden kapitalistischen Produktionsweise in Nordamerika als historische „Anomalie“ (Marx) fort. Diese Anomalie lastet auch noch 150 Jahre nach dem militärischen Sieg über die Oligarchie der Sklavenhalter im Amerikanischen Bürgerkrieg schwer auf den US-amerikanischen Verhältnissen. Während in früheren Formen der Sklaverei, etwa des im Zuge der Expansion des Britischen Empire aufkommenden Kolonialismus, aufgrund einer ausbleibenden Reproduktion der Sklavenbevölkerung immer wieder neue schwarze Sklaven aus Afrika in westliche Länder importiert werden mussten, waren die letzten Generationen der schwarzen Sklaven in Nordamerika ein Produkt der nordamerikanischen Gesellschaft selbst und darum prinzipiell emanzipationsfähig, d.h. potentiell war ihnen durch die Emanzipation von der Sklaverei die Integration in die US-amerikanische Arbeiterklasse möglich. Zwar errang die Arbeiterklasse, der wahre Träger der politischen Macht im Norden der USA, mit der Erlösung der „geknechteten Race“ (Marx) im Sezessionskrieg die Freiheit der Lohnarbeit, doch schleppt die USA das Erbe des untergegangenen Sklavensystems bis heute fort, wenn auch nicht unmittelbar als Sklaverei. Die ehemaligen Sklaven wuchsen nach dem Krieg dem US-amerikanischen Proletariat zu und hatten vor allem in den Südstaaten noch mit den ideologischen Überresten der Sklavenhaltergesellschaft schwer zu kämpfen. Nach dem Abschluss der „reconstruction“, d.h. der Wiedereingliederung und politischen Neuordnung der vorherigen konföderierten Südstaaten, verabschiedeten mehrere US-Bundestaaten die sogenannten „Jim-Crow-Gesetze“, mit denen die „Rassentrennung“ rechtlich zementiert und Errungenschaften des Bürgerkrieges rückgängig gemacht wurden. Erst nahezu ein Jahrhundert später, im Rahmen der Bürgerrechtsbewegung, wurden diese Gesetze in den 1960er Jahren abgeschafft und damit auch die „Jim-Crow-Ära“ historisch ad acta gelegt. Noch nach dem Ende des Bürgerkrieges bis zum zweiten Weltkrieg wurden Afroamerikaner für angebliche oder tatsächliche Verbrechen terrorisiert und durch Lynchjustiz ermordet.

Viele Nachkommen der einstigen schwarzen Sklaven wanderten Anfang des 20. Jahrhunderts in die Industriezentren des Nordens und Westens der USA aus, wo sie einen großen Teil des schlecht bezahlten Proletariats in der Fleisch-, Auto- und Schwerindustrie bildeten.[14] Der Antrieb dazu war nicht nur die Suche nach Arbeit, sondern auch die Flucht vor rassistischem Terror, insbesondere in den Regionen der ehemaligen Südstaaten. Noch heute gehören weite Teile der schwarzen Bevölkerung in den USA zum geknechtetsten und am schlechtesten bezahlten Teil der Arbeiterklasse, falls sie nicht dauerhaft arbeitslos bleiben und pauperisiert werden, also zur „Lazarusschicht“ (Marx) dieser Klasse zählen. Aufgrund dieser Klassenlage und Funktion innerhalb der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit können schwarze Menschen im Alltagsbewusstsein als von anderen Segmenten der Arbeiterklasse gänzlich gesonderte Menschenart mit eigener Kultur, Sprache, Habitus, Arbeitsmoral usw. erscheinen. Diese Erscheinung wird noch dadurch verstärkt, dass schwarze Menschen in der USA aufgrund ihrer jahrhundertelangen Segregation tatsächlich eine spezifische afroamerikanische Kultur, die sich von der Kultur der weißen Mehrheitsgesellschaft unterscheidet, mit einem entsprechenden Jargon und Habitus herausgebildet haben. Diese Segregation hat sich insbesondere seit der langanhaltenden Prosperitätsphase der Nachkriegszeit, dem auf einer Phase der beschleunigten Akkumulation des US-Nationalkapitals beruhenden sogenannten „Goldenen Zeitalter“, verschärft. Im Rahmen dieser Akkumulation kam es nicht nur zu einer wirtschaftlichen Verelendung des ländlichen Südens der Vereinigten Staaten, sondern auch zu einer zunehmenden ethnischen Segregation in den urbanen Zentren, von der vor allem Afroamerikaner betroffen waren.

Die dadurch forcierte verkehrte Erscheinung der Existenzbedingungen afroamerikanischer Proletarisierter begünstigte die Instrumentalisierung des Rassismus als „Sündenbockideologie“ durch die herrschende Klasse, mit der die Arbeiterklasse entlang tatsächlicher oder vermeintlicher kultureller bzw. ethnischer Unterschiede gespalten und so gegeneinander ausgespielt wurde. In ihrer proletarischen Daseinsform befinden sich die Menschen prinzipiell in einem Konflikt zwischen einer Neigung zum Aufruhr, die aus einem diffusen Unbehagen gegenüber den bestehenden Verhältnissen herrührt, und einer Obrigkeitshörigkeit, zu der sie aufgrund ihrer Sozialisation normiert worden sind. Diese beiden widersprüchlichen Bestrebungen können miteinander in Einklang gebracht werden, indem in einer „konformistischen Revolte“ (Horkheimer) destruktive Gewalt an einer relativ wehrlosen gesellschaftlichen Minorität ausagiert und zugleich gegenüber der herrschenden Klasse respektvoller Gehorsam gepflegt wird: Wie Radfahrer treten sie nach unten und buckeln nach oben. Dazu ist aufgrund seiner außerordentlichen Autoritätshörigkeit insbesondere der „autoritäre Charakter“ (Fromm) prädestiniert, der sich innerhalb der gesellschaftlichen Arbeitsteilung typischerweise in ideologischen Staatsapparaten und materiell staatstragenden Institutionen, vor allem denen der Exekutive (Polizei und Justiz u.a.) findet. Daher finden sich die Anhänger dieser „Sündenbockideologie“ insbesondere unter denjenigen Teilen der Arbeiterklasse und Fraktionen der herrschenden Klasse, welche unter diese Zweige der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und staatlichen Hierarchie subsumiert sind.

Es ist daher nicht zufälligerweise jene Exekutive, auf die sich Donald Trump zur Absicherung seiner Herrschaft in besonderem Maße stützt und die er gegen die Proteste angesichts der Ermordung von George Floyd einsetzt. Dies führte jüngst zur Drohung eines Einsatzes des US-Militärs gegen die eigene Bevölkerung und eskalierte in der vorübergehenden Entsendung von Bundesbeamte („Feds“) verschiedener Polizeidienste nach Portland, Oregon, auf Anordnung Trumps gegen den Willen der Lokalregierung. Die Feds gingen ohne jegliche Markierungen in Tarnanzügen gegen Demonstrierende vor und transportierten einige von ihnen in ungekennzeichneten schwarzen Vans ab. Obwohl der Trumpismus bislang noch von dem in den USA institutionell stark verankerten System der „checks und balances“ eingeschränkt wird, manifestiert sich in dieser Entsendung der Feds und dem angedrohten Militäreinsatz gegen die eigene Zivilbevölkerung eine Tendenz zur Verselbständigung der staatlichen Exekutive, die ein wesentlichen Merkmale der politischen Herrschaftsform eines autoritären Staates ist. Zugleich versucht sich Trump, die Durchsetzung dieser Tendenz aus wahltaktischen Gründen politisch zu forcieren, indem er sich in einer karikierten Imitation des einstigen US-Präsidenten Richard Nixon als „law and order“-Präsident zu gerieren versucht. Angesichts des zunehmenden Widerstandes gegen eine Wiederwahl Trumps aus der republikanischen Partei selbst und einer Abwendung weiter Teile des kapitalistischen Kleinbürgertums, des Bankenkapitals sowie des „Corporate America“ stellt diese Taktik den letzten verzweifelten Versuch Trumps dar, wenn nicht sein einstiges Wählerklientel zurückzugewinnen, so doch zumindest die verbleibenden Wählerschaft durch eine Betonung „republikanischer Werte“ zu halten.

Die verkehrte Erscheinung der proletarischen Daseinsform schwarzer Menschen kommt aber nicht nur dem Interesse der herrschenden Klassen entgegen, sondern dient auch dem Distinktionsbedürfnis weißer Arbeiter. Ein Teil der Arbeiterklasse dünkt sich aufgrund der eigenen Hautfarbe wenn schon nicht zur herrschenden Klasse zugehörig, dann doch wenigstens schwarzen Menschen „biologisch“ überlegen. Von der gemeinsamen Klassenlage, die sie mit schwarzen Arbeitern teilen, sehen sie dabei ebenso ab wie von der ihnen gemeinsamen Gattungsmäßigkeit. Stattdessen wird die Hautfarbe zum Anlass genommen, um sich durch die Verdinglichung dieser Natureigenschaft mit bestimmten sozialen Eigenschaften über andere Menschen, die häufig das gleiche „Klassenschicksal“ teilen, erheben zu können. Damit wird letztlich die Herrschaft der Kapitalistenklasse über die Arbeiterklasse insgesamt befestigt und perpetuiert. Aus diesem Distinktionsbedürfnis erklärt sich unter anderem, dass Trump mit dem politisch gezielten Einsatz des Rassismus als „Sündenbockideologie“ zur Überraschung der Demokraten die Stimmen der deklassierten, weißen ehemaligen Industriearbeiter im „rust belt“ des Mittleren Westens der USA gewinnen konnte.[15] Dafür hetzte er bekanntlich gegen mexikanische Migranten und setzte unter dem Slogan „Build the wall!“ die Errichtung eines Grenzwalls an der nordamerikanisch-mexikanischen Grenze auf die politische Agenda, die er mit der Einführung des „Build the Wall Acts“ 2018 forcierte. Zugleich versprach Trump im Wahlkampf, die Reallöhne der prekär beschäftigten, gering qualifizierten Segmente des US-amerikanischen Proletariats zu erhöhen. Trump rechnet es sich immer wieder als Verdienst an, mehr als irgendjemand sonst für die afroamerikanische Bevölkerung gemacht, insbesondere die niedrigste Arbeitslosenrate-, Armuts- und Kriminalitätsrate seit jeher erzielt zu haben. Tatsächlich erreichte die Arbeitslosigkeit im August 2019 unter der Trump-Präsidentschaft das historische Tief von 5,4 Prozent. Die Grundlage hierfür war allerdings der bereits unter der Obama-Administration einsetzende konjunkturelle Aufschwung des US-Nationalkapitals, der unter Trump lediglich fortgesetzt und beschleunigt wurde. Ein Großteil dieser Abnahme der Arbeitslosigkeit der afroamerikanischen Bevölkerung wurde dementsprechend bereits unter der Präsidentschaft Obamas erreicht, in der die Arbeitslosigkeit des schwarzen Teils der US-Arbeiterklasse vom Höchststand von 16,8 Prozent in der „Großen Rezession“ ab 2007 auf letztlich 7,5 Prozent vor dem Regierungsantritt Trumps 2017 fiel. Gegenüber der Regierung von Obama sank unter Trump allerdings das mittlere Haushaltseinkommen der schwarze US-Amerikaner. Ebenso vergrößerte sich während seiner Präsidentschaft die Einkommensdifferenz zwischen dem weißen und dem schwarzen Segment der US-Arbeiterklasse. Vor allem aber sieht Trump davon ab, dass im Zuge der „Coronakrise“ die Arbeitslosigkeit unter afroamerikanischen Arbeitern wieder 16,8 Prozent erreichte, also den Stand, den sie während der vorangegangene „Großen Rezession“ hatte. Von dem Einbruch der US-Wirtschaft durch die „Coronakrise“ waren überproportional Haushalte schwarzer US-Amerikaner betroffen. Dies, und nicht der dieser Krise vorangegangene Trend einer sinkenden Arbeitslosigkeit von Afroamerikaner, bildete den unmittelbare ökonomische Hintergrund, vor dem die Demonstrationen und Unruhen anlässlich der Ermordung von George Floyd stattfanden.

Die Virulenz des Rassismus in den USA, die von deutschen Linken in ihrer Begriffslosigkeit lediglich moralinsauer angeklagt wird oder aber zu einer Verteufelung der Vereinigten Staaten führt,[16] hat ihre Ursache in der historisch außergewöhnlichen Konstellation eines tradierten Erbes der einstigen Sklaverei in den Südstaaten, die innerhalb der kapitalistischen Produktionsweise eine geschichtliche Anomalie war, und der Zuspitzung des Rassismus als kapitalistischer „Alltagsreligion“, die kein Überbleibsel einer vorkapitalistischen Gesellschaftsformation darstellt, sondern im Gegenteil gerade aus dem hohen Entwicklungsgrad der kapitalistischen Produktion in den Vereinigten Staaten resultiert. Der Rassismus in den USA hält sich daher nicht nur als historisches Erbe der Sklaverei bis heute hartnäckig, sondern wird beständig aus der modernsten Form der kapitalistischen Produktionsweise selbst mit naturwüchsiger Notwendigkeit hervorgetrieben. Er lässt sich, entgegen den reformistischen Illusionen eines Großteils der liberalen bis linken Antirassisten, nicht auf der Basis dieser Produktionsweise selbst beseitigen, da in ihr die Individuen hierarchisch unter ein naturwüchsiges System der gesellschaftlichen Arbeitsteilung subsumiert sind, anstatt dieses System  selbst zu beherrschen und zu kontrollieren. Solange diese Produktionsweise nicht zugunsten einer historisch höheren umgewälzt wird, werden die Wirkungen der klassenmäßig bestimmten Teilung der Arbeit verdinglicht als Natureigenschaften derjenigen Menschen erscheinen, an denen diese Wirkungen augenfällig werden. Auch die bei Linken wieder in Mode gekommene Verstaatlichung der Produktionsmittel hebt das Kapitalverhältnis nicht auf, sondern ersetzt bloß die juristischen Eigentümer der Produktionsmittel, die weiterhin den von ihnen getrennten unmittelbaren Produzenten gegenüberstehen. Daher verschwinden auch die dem Rassismus zugrundeliegenden, verkehrten Erscheinungsformen der kapitalistischen Produktionsverhältnisse und des gesellschaftlichen Reichtums nicht.

7. Instrumentalisierung des rassistischen Mordes durch das geopolitische Lager der globalen Konterrevolution

Es ist gerade die Fortschrittlichkeit der USA, die linken Bourgeoissozialisten in „Old Europe“ Angst macht. Das Elend, die Not und moralische Degradation, die das Kapital auf seinem Gegenpol des Proletariats erzeugt, empört sie nicht als Zerstörung einer Welt produktiver Anlagen und Triebe von Individuen, sondern weil sie, bewusst oder unbewusst, die Gefahr des Untergangs des Kapitals beseitigen wollen. Hinter dem linken Antiamerikanismus steckt in letzter Konsequenz ein regressiver Antikapitalismus, der relativ spontan aus den gefühlsmäßigen Reaktionen der Individuen aller Klassen auf das diffuse Unbehagen gegenüber der entwickeltsten Form der kapitalistischen Produktionsweise entsteht. Das Wohl des Einzelnen behauptet sein Recht gegen den Gesamtprozess und sucht seine Zuflucht in primitiveren, ökonomisch überholten Entwicklungsstadien der Gesellschaft, durch deren Wiedereinführung der Antagonismus zwischen ihr und dem Individuum romantisch-utopisch aufgelöst werden soll. Begriffsloses Urteil und systematisierte Alltagsvorstellungen sind die Kennzeichen dieses bourgeoissozialistischen Antikapitalismus, der mit der Autorität des Kapitals und des Staates nicht brechen, sondern nur deren Verfahrensweisen verändern will, d.h. das durch den „guten Staat“ (vornehmlich den „Staat der Arbeiter“) kontrollierte und regulierte „gute Kapital“ herbeisehnt. Weil das hierarchische Kommando von Kapital und Staat nur eine rationalisierte und manipulierende Verlaufsform erhalten soll, ist die Linke, die diese neue Form vertritt, auch voller autoritärer Charaktere. Nach vorne „kommunizieren“ sie mit „soft skills“, lächeln und geben den Untergebenen „mit lieben Grüßen“ ein wohliges Gefühl, hintenrum beschließen sie, wer als „unsolidarischer“ Störenfried geächtet und ausgeschlossen oder dem Psychoterror ausgesetzt wird. Stets drohen diese weicheren Formen in rohe Gewalt umzuschlagen und bald wird per Dekret festgelegt, welche „Klassenfeinde“ und „Saboteure“ zur „nützlichen Arbeit“ abgestellt und welche „an die Wand gestellt“ werden.

Den grassierenden Rassismus in den USA versuchen die Bourgeoissozialisten als Symptom eines Niedergangs dieser „Supermacht“ zu begreifen. Unschwer lässt sich angesichts der Demonstrationen aus hiesigen Berichten und Kommentaren Triumphalismus und Häme wahrnehmen, die der vermeintlichen Schwäche des kapitalistisch entwickelteren Landes gelten, das ihnen, die im minder entwickelten Land leben, mutatis mutandis die eigene Zukunft zeigt. Linke wie rechte Antiamerikaner sehen sich in ihrer ideologischen Darstellung der USA als durch und durch kaputtes Land bestätigt, mögen ihre Maßstäbe auch gegensätzlich sein. Was dem Antiamerikanismus und den Parteigängern der globalen Konterrevolution an den USA als Zeichen ihrer Schwäche erscheint und bekämpft wird, ist in Wirklichkeit gerade Ausdruck ihres hohen geschichtlichen Entwicklungsgrades. Unter den liberal-kapitalistischen Produktionsbedingungen findet eine relativ freie Entwicklung der kapitalistischen Konkurrenz, daher auch der anderen Sphären der US-amerikanischen Gesellschaft statt. Damit wird den Individuen ihre eigene Gesellschaftlichkeit in einem geschichtlich bislang immer noch einmaligen Maße zufällig und äußerlich. Ihr Verhältnis zu Gesellschaft ist durch keine natürlichen, traditionellen oder politischen Beziehungen so präformiert, dass ihre gesellschaftliche Stellung wesentlich anders als sachlich-ökonomisch bestimmt wäre. Umso skandalöser wirkt im grellen Kontrast hierzu der Rassismus, die Stigmatisierung und Benachteiligung der afroamerikanischen Bevölkerung, deren ethnische, biologische oder kulturelle Eigenschaften ihr ihren Platz innerhalb der konkreten Totalität der bürgerlichen Gesellschaft zuzuweisen scheinen und ihre ökonomische Stellung auch tatsächlich maßgeblich mitbestimmen. Diese hochentwickelte Zufälligkeit im Verhältnis der Individuen zur Gesellschaft in den USA, die gerade in der und durch die Lohnarbeit auf die Spitze getrieben wird, geht einher mit der freien Entwicklung der Widersprüche und Verwerfungen der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft. Die politisch-ökonomischen Verhältnisse in den Vereinigten Staaten markieren den geschichtlich bislang höchsten Stand der Gesellschaftlichkeit. Von ihren autoritären Gegnern werden sie allerdings tendenziell als „Chaos“, „Verfall“ und „Desintegration“ wahrgenommen bzw. propagandistisch inszeniert. Sie sind weder in der Lage, die moderne bürgerliche Gesellschaft in ihrem inneren Zusammenhang als konkrete Totalität zu begreifen noch können sie in ihrem engen ideologischen Horizont sehen, dass es die Widersprüche dieser Gesellschaft sind, die das Ferment der geschichtlichen Umwälzung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse bilden. Es ist ihnen daran gelegen, diese Widersprüche von Staats wegen zu beseitigen und sie daher gerade nicht aufzuheben, sondern in veränderter Form und despotisch verschärft zu reproduzieren.

Wo die Linken die USA als „strukturell rassistisch“ darstellen – und die Tragweite der demokratischen Bewegung massiv unterschätzen, wie sich an vielen, die Morde klar verurteilenden Äußerungen führender amerikanischer Politiker und Funktionären der Exekutive wie Polizisten zeigt –, dort sieht die Rechte „Chaos und Rassenkrieg“, der nur durch den „weißen Mann“ mit harter Hand beseitigt werden könne. Präsident Donald Trump hat den Sadismus dieser Leute im eigenen Land immer wieder bedient und wiederholt die alte Masche auch jetzt wieder, indem er offen mit dem Bürgerkrieg kokettiert. Berichten zufolge bedient sich die US-Rechte zunehmend der Behauptung, die Demonstranten seien „russian“ oder andere „foreign forces“, um deren Anliegen zu diskreditieren. Die Proteste dienten nur einer „ausländischen Macht“.[17] Hier zeigt sich wieder das Doppelspiel des Putinismus, zu befeuern und zu verschleiern, Schuld zuzuweisen und Verwirrung zu stiften. Die Anarchisten, die sich unter die Demonstranten mischen, um die Proteste in eine nur in ihrer Phantasie existierende radikale „Insurrektion“ zu verwandeln, geben ihm dazu genügend Gelegenheit. Sie sind wie ihr neurechtes Gegenstück ganz daran interessiert, den Status Quo aufrecht zu erhalten, auf dem ihre Vorstellungen gedeihen, und jeden möglichen Demokratisierungsschub aufzuhalten, um aus der jetzigen Lage einen ideologischen Vorteil zu ziehen. Russland und China, die Hauptzentralen der globalen Konterrevolution, forcieren in ihrer Propaganda gezielt die Denunzierung des angeblich „institutionellen Rassismus“ und das spektakuläre Bild der untergehenden USA. Undenkbar aber, dass in diesen Ländern Polizisten für Morde im Dienst entlassen, geschweige denn verhaftet und angeklagt werden. Tatsächlich lenken diese Länder auch von ihrem eigenen Rassismus ab, der teilweise sogar weit stärker ausgeprägt ist als in den USA.[18]

Neben dem „institutionellen Rassismus“ gehört zum spektakulären Bild vom besiegelten Niedergang der USA als „Weltmacht“ auch die grassierende Armut, die Opioid-Krise, die Schuldenexplosion öffentlicher und privater Haushalte und der scheinbar „unaufhaltsame“ Aufstieg Chinas. Es ist daher bezeichnend, dass Propagandisten der chinesischen Despotie wie C.Y. Schmidt den rassistischen Mord an George Floyd sofort gegen die Hongkonger Demokratiebewegung auszuspielen versucht haben,[19] was ihm der trotzkistische Möchtegern-Volkstribun Fabian Lehr sogleich nachmachte. Doch außer schäbigen Teutonen wie Schmidt träumt niemand davon, im chinesischen „Polizeistaatskapitalismus“ – der die nahezu ungehinderte Ausbeutung der Lohnarbeiter und die extreme Vergiftung und Zerstörung aller natürlichen Lebensbedingungen zur Grundlage hat – zu leben. Vielmehr üben die relativ freie Entwicklung des Kapitals in den USA und die damit einhergehenden Lebensverhältnisse nach wie vor eine unvergleichliche Anziehungskraft aus, was sich in den internationalen Kapital- und Migrationsbewegungen offenbart. Die USA bieten diejenige gesellschaftliche Ordnung, in welcher das Kapital am sichersten akkumulieren und das Individuum sich am freiesten entfalten kann. Dabei steht nicht in Frage, dass diese Formen von einem gattungsgeschichtlichen Standpunkt aus beschränkt sind. In den Bilder- und Vorstellungswelten, die das kapitalistisch führende Land keineswegs rein artifiziell durch seine Kulturindustrie erzeugt, ist die Gesellschaft, „in der die freie Entwicklung des Einzelnen, die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“ (Marx) latent gegeben. Selbstverständlich gibt es aus ihr keinen bruchlosen Übergang, doch sind die amerikanischen Lebensverhältnisse – ökonomisch, sozial, politisch, ideologisch und kulturell – der beste Kampfplatz für das revolutionäre Proletariat, weil sich hier alle Elemente und Bedingungen einer kommunistischen Revolution relativ ungestört entwickeln können. Gerade dieser hohe Entwicklungsgrad der kapitalistischen Produktionsweise lässt das Ziel des originären Kommunismus der „Partei Marx“, die freie und volle Entfaltung der Individuen, in den Vordergrund treten und als nächste geschichtliche Aufgabe gesellschaftlicher Entwicklung erscheinen. Der Bourgeoissozialismus, der eben die Entwicklung der Individuen beschränken will und aufgrund der auf einer Fesselung der Produktivkräfte beruhenden angestrebten staatskapitalistischen Reproduktionstotalität auch muss, kann diese Frage nicht substanziell lösen, diese historische Aufgabe nicht erfüllen. Daher muss er den „Sozialismus“, worunter er immer nur Staatssozialismus versteht, zu einer bloßen „Verteilungsfrage“ umdeuten, wobei er allerdings unter der „Verteilung“ nicht die Distribution der Produktionsmittel, sondern lediglich die Verteilung der Produkte versteht. Die Verteilung der Produkte wird allerdings durch die Distribution der Produktionsmittel bestimmt und kann daher ohne eine Aufhebung des Privat- oder Staatseigentums an den gesellschaftlichen Produktionsmitteln zugunsten des gesellschaftlichen Gemeineigentums der unmittelbaren Produzenten als frei assoziierte Individuen nicht grundlegend geändert werden kann.

Die derzeitigen Riots dienen über die gesamte deutsche Linke hinweg, von Insurrektionalisten über Anarchisten und Linkskommunisten bis hin zu den verschiedenen sektiererischen Spielarten des Trotzkismus als revolutionsromantische Projektionsfläche. Eine revolutionäre Massenbewegung sei angesichts brennender Polizeiwachen und Luxusgebäude nicht weit, das „letzte Gefecht“ nähere sich unaufhaltsamen Schrittes, wie man an den Bildern abgefackelter Polizeiwagen und gebauter Barrikaden zu ermessen können meint. Da aber noch der dümmste Linke weiß, dass eine Revolution ohne Bewusstsein der daran beteiligten Menschen kaum möglich ist, wird diesen Unruhen in einem magischen Denken die Fähigkeit zugeschrieben, aus sich selbst heraus theoretische Erkenntnisse, also quasi automatisch „revolutionäres Bewusstsein“ zu schaffen – unter dem nicht mehr verstanden wird, als dass „Staat, Nation, Kapital“ irgendwie „scheiße“ seien. Wo sie es noch nicht war, schlägt die Revolutionstheorie der Linken von einem Organisationsfetisch, in dem die „revolutionäre Organisation“ zu einem Generalschlüssel für die proletarische Revolution fetischisiert wird, offen in einen spontaneistischen Revolutionsmythos um, der unmittelbar und alles auf „die Massen“ setzt. Dass diese Riots, mögen sie auch noch so verbreitet und militant sein, nicht revolutionär werden können, weil revolutionäre Praxis voraussetzt, dass es eine revolutionäre Theorie gibt, welche die Massen ergreift, geht dieser Auffassung ab.[20] In der Kompensation der eigenen politischen Ohnmacht wird die ausbrechende Gewalt als eine Art „Katharsis“ gefeiert, da sich durch das uneingeschränkt destruktive Ausagieren aggressiver Triebregungen in einer massenpsychologischen Dynamik aller gedanklichen und psychischen Hemmungen entledigt werden kann. Die Linke tanzt mal wieder auf Barrikaden und bildet sich ein, dies sei schon der ganze Akt der „Befreiung“. Der Unterschied zwischen einer Gruppenbildung, in der ein Kollektiv-Ich zur Sublimierung aggressiver Triebregungen für ein höheres, konstruktives Ziel aufgerichtet wird und einer pathologischen Gruppenbildung, die dem ohnmächtigen Individuum zum unsublimierten Abführen dieser Triebregungen verhilft, wird angesichts des Gewaltspektakel eingeebnet. Diese pathologische Gruppenbildung besitzt gewisse Berührungspunkte mit der faschistischen Ideologie, womit keinesfalls gesagt sein soll, dass diese Unruhen per se reaktionär oder gar ihrer Tendenz nach faschistisch wären, wozu sie von einer bestimmten Fraktion der „Ideologiekritiker“ denunziert werden. Doch der Teilnahme verschiedener neo-faschistischer Gruppen und Akteure an den Riots dürften neben dem politischen Kalkül, einen „race war“ zu entfachen, auch eine Anziehung durch ungehemmte Gewaltausübung zugrunde liegen. Es dürfte auch kein bloßer Zufall sein, dass im Zuge dieser Unruhen mehrere Synagogen in LA und Richmond mit antizionistischen Parolen beschmiert, jüdische Geschäfte und Restaurants angegriffen und geplündert wurden. Tatsächlich wurde im Namen von „BlackLivesMatters“ bereits mehr als einmal Solidarität mit dem „palästinensischen Befreiungskampf“ bekundet und der durch die israelische Polizei getötete Palästinenser Iyad Halak mit George Floyd gleichgesetzt, als handle es sich um ein und dasselbe Phänomen. Während linke Apologeten der Riots darüber beflissen schweigen, wird dies von postlinken „Antideutschen“ instrumentalisiert, um in einer falschen Verallgemeinerung den gesamten Protest angesichts der Ermordung Floyds fälschlicherweise als im Kern antisemitisch zu denunzieren und ihm damit zugleich jedwede Berechtigung abzusprechen.

8. Perspektive der antirassistischen Proteste und „revolutionäre Realpolitik“ (Luxemburg/ Lukács)

Die gegenwärtigen Proteste sind Teil der demokratischen Entwicklung der Bedingungen einer kommunistischen Revolution. Ihr direktes und unmittelbares Ziel muss sein, mit allem alten und neuen Sklavenhaltertum gründlich aufzuräumen. Die Demonstrationen haben dadurch, dass ihr Druck zur Verhaftung und Anklage des Mörders und seiner Mittäter beigetragen hat, schon dafür gesorgt, dass kein Polizist mehr ohne weiteres glauben darf, von seinen Chefs gedeckt zu werden und mit Mord davonkommen zu können, selbst falls dieser vor laufender Kamera begangen wird. Weiteren Fortschritt könnte die Implementierung von Grundsätzen der Gewaltanwendung in sämtlichen Polizeibehörden versprechen, wie die Verpflichtung, den Gebrauch von Schusswaffen erst nach Ausschöpfung aller anderen Mittel zu erlauben, jeden Gebrauch von Schusswaffen im Dienst zu melden und alle Würgegriffe zu verbieten.[21] Perspektivisch schaffen die Demonstrationen eine Basis für eine weitere Demokratisierung der USA und bereiten somit den Boden für die größere Entfaltung der Widersprüche der kapitalistischen Produktion. Der Umschlag der demokratischen Revolution in die proletarische wird erleichtert, wenn mit dem Rassismus weiter aufgeräumt wird und die letztere ist wiederum die historische Voraussetzung dafür, den Rassismus, diese niederträchtige menschenverachtende Ideologie, endgültig auszurotten.

Während also einerseits der potenziell revolutionäre Klassenkampf des Proletariats die notwendige, aber keineswegs hinreichende Bedingung für die Abschaffung des Rassismus ist, ist der Rassismus andererseits ein Hindernis für die Herausbildung des Proletariats zur revolutionären Klasse und damit für diesen Kampf selbst. Langfristigen Erfolg kann der antirassistische Befreiungskampf daher nur im Zusammenhang mit einer proletarischen Revolution haben, für die wiederum die Überwindung der rassifizierten Spaltung der Arbeiterklasse unabdingbar ist. Deshalb haben Kommunisten den eigenständigen Emanzipationskampf der von Rassismus betroffenen Menschen zu unterstützen und zu befördern, wo es ihnen möglich ist. Zur theoretischen Analyse und praktischen Intervention in diesen Kampf ist es notwendig, langfristig eine Orientierung für kommunistische Politik auf der wissenschaftlichen Grundlage der von der „Partei Marx“ erarbeiteten materialistischen Geschichtsauffassung zu entwickeln. Nur aus dieser strategischen Orientierung heraus lässt sich bestimmen, inwiefern und wie in diesen Kampf zu intervenieren ist bzw. interveniert werden kann. Dies ist auch notwendig, um nicht der falschen Alternative zwischen der tagespolitisch bornierten Sisyphusarbeit einer reformistischen Bekämpfung des Rassismus und einem revolutionaristischen Attentismus, laut dem der Rassismus mit der Verwirklichung des Kommunismus als einem fixen utopischen Ideal von selbst verschwinde und der sich daher politisch mehr oder weniger gleichgültig gegenüber diesem verhält, aufzusitzen. Für eine „revolutionäre Realpolitik“ (Luxemburg/ Lukács), die den Rassismus zwar realpolitisch, aber in revolutionärer Perspektive bekämpft, indem sie an dessen Wurzel geht, ist eine strategische Orientierung kommunistischer Politik eine notwendige Voraussetzung. Eine proletarische Revolution entsteht niemals per se als eine rein kommunistische, wie die „schöne Seele“ (Hegel) des revolutionären Purismus meint, sondern aus den widersprüchlichen Bedingungen der gegenwärtigen bürgerlichen Gesellschaft selbst. Sie wird daher zunächst zwangsläufig noch die „Muttermale“ dieser Gesellschaft tragen und sich durch die Bewältigung ihrer eigenen inneren Konflikte entwickeln müssen. Die Aufgabe der Kommunisten besteht dabei darin, das Gesamtinteresse des Proletariats über dessen kulturellen und ethnischen Spaltungen in verschiedene Segmente hinweg zu vertreten und in langfristiger Perspektive eine strategische Orientierung für eine eigenständige Realpolitik des Proletariats auf eine kommunistische Revolution hin zu liefern, also weder in einem linksradikalen Jungehegelianismus den bestehenden antirassistischen Emanzipationskämpfen in einem politischen Indifferentismus doktrinär entgegenzutreten noch beschränkte Tagespolitik im Sinne eines „radikalen Reformismus“ zu betreiben. Die Aufhebung der Bornierung und Partikularität der tagespolitischen Kämpfe gegen den Rassismus ist nur durch die theoretische Durchdringung dessen wesentlicher Ursachen möglich. Sie wird sich politisch sowohl gegen die kapitalistische Produktionsweise als auch den Staatssozialismus, als feindlichem Bruder des originären Marxschen Kommunismus richten müssen, um historisch von Erfolg gekrönt zu sein und mit der Aufhebung der Spaltung der menschlichen Gattung in verschiedene Klassen alle Entfremdungen aufheben zu können, welche die Basis für den Rassismus darstellen, der den von ihm betroffenen Menschen in letzter Konsequenz das Leben kosten kann.


[1] MEW 23, S. 318.

[2] Das ist der höchste Stand der Arbeitslosenquote seit Ende des Zweiten Weltkrieges.

[3] Diese Wesenskräfte werden in der privatkapitalistischen Reproduktionstotalität, der ein liberal-demokratisches Staatswesen entspricht, des Westens in einem historisch nie dagewesenen Ausmaß hervorgetrieben, aber zugleich durch die aus einer gattungsmäßig bornierten, kapitalistischen Produktionsverhältnisse beschränkt. Demgegenüber fesseln die politischen Despotien, die auf einer staatskapitalistischen Reproduktionstotalität beruhen, wie China oder Russland die Entfaltung dieser Kräfte, indem sie versuchen, die in ihnen lebenden Menschen auf ein gesellschaftlich gegebenes „Normalmaß“ der Individualität zu reduzieren.

[4] Dies gilt z.B. auch für den Sexismus, bei dem etwa die Natureigenschaft der Gebärfähigkeit des biologischen Geschlechts der Frau verdinglicht mit ihrer historisch bestimmten Rolle als Mutter, die innerhalb der patriarchalen Arbeitsteilung im Familiensystem die Hausarbeit mitsamt der darin eingeschlossenen Erziehungsarbeit der Kinder zu übernehmen habe, erscheint.

[5] MEW 42, S. 95.

[6] Diese Wechselwirkung ist allgemein charakteristisch für die Beziehung des durch die verkehrten Erscheinungsformen der kapitalistischen Produktionsweise bestimmten Alltagsbewusstseins und den verschiedenen, durch Systematisierung der verkehrten Vorstellungen dieses Bewusstseins zu mehr oder weniger geschlossenen Weltanschauungen ausgearbeiteten Ideologien, in denen die Menschen sich ihrer gesellschaftlichen Konflikten bewusst werden und diese auskämpfen.

[7] Allein deshalb ist die zwischen Linken und Rechten geführte Diskussion darüber, ob rassistische Attentäter, die wie der Täter von Hanau an paranoider Schizophrenie leiden, nun rassistisch oder geistesgestört seien, unselig.

[8] Diese Tendenz liegt auch der Zunahme des weltanschaulichen Irrationalismus zugrunde, der sich in den letzten Jahren verstärkt in der Form von Verschwörungstheorien ausdrückt. Dabei erfassen diese Theorien zunehmend bestimmte Massen der Bevölkerung auch in den privatkapitalistisch-liberalen Gesellschaften des Westens. So ist der derzeit amtierende US-Präsident Donald Trump selbst Anhänger der rassistischen „birther“-Verschwörungstheorie, in der kontrafaktisch behauptet wird, dass Barack Obama kein „natural born citizien“ der USA sei und daher widerrechtlich als Präsident der Vereinigten Staaten kandidiert habe. Andererseits nutzen Staatssozialisten und „sozialistische Marktwirtschaftler“ die Potenzierung der Entfremdung der Arbeit und die zunehmende Komplexität der gesellschaftlicher Arbeitsteilung, um entweder die unabdingbare Notwendigkeit zentraler Planung durch einen „sozialistischen Staat“ oder aber die einer „Ressourcenallokation“ über den Markt zu behaupten. In beiden Fällen würden die verschiedenen Formen der Entfremdung, die bereits in der bürgerlichen Gesellschaft bestehen, allerdings noch ausgeweitet und gesteigert werden. Damit aber würde auch die Basis für den Rassismus als kapitalistische Alltagsreligion verstärkt und die Subsumtion der Individuen unter eine hierarchische gesellschaftliche Arbeitsteilung forciert, wodurch sich die Spaltung des Proletariats entlang ethnischer Trennungslinien zementieren würde.

[9] Die Funktion als „Sündenbockideologie“ übt allerdings nicht nur der Rassismus aus, sondern alle Ideologien, die zur weltanschaulichen Legitimation der Verfolgung und Diskriminierung gesellschaftlich marginalisierter Gruppen herangezogen werden. Deshalb ist mit dem Begreifen dieser Funktion auch noch nicht die Spezifik des Rassismus erfasst.

[10] „Es ist in der Tat viel leichter, durch Analyse den irdischen Kern der religiösen Nebelbildungen zu finden, als umgekehrt, aus den jedesmaligen wirklichen Lebensverhältnissen ihre verhimmelten Formen zu entwickeln. Die letztre ist die einzig materialistische und daher wissenschaftliche Methode.“ (MEW 23, S. 392f., Fn. 82).

[11] MEW 23, S. 419.

[12] MEW 42, S. 42.

[13] Diese Auffassung findet sich auch bei den Bourgeoissozialisten, die das Proletariat „erziehen“ und „belehren“ möchten – selbstverständlich nur „in seinem Interesse“ und zu „seinem Besten“.

[14] Während des Bürgerkriegs lebten noch 92 Prozent aller schwarzen US-Bürger in den Südstaaten, heute sind es nur noch etwas über die Hälfte. Die überwiegende Mehrheit der schwarzen Bevölkerung in den USA lebt in Städten.

[15] Diese Wechselwählerschaft der ehemals demokratisch wählenden deklassierten weißen Arbeiter in den mittlerweile als „Trump country“ verrufenen Staaten begründete den Mythos von der „weißen Arbeiterklasse“ als entscheidender Klassenbasis für den Aufstieg des „Trumpismus“. Dieser Mythos beruhte darauf, dass von dem materiell relativ saturierten Teil der weißen Arbeiter und Angestellten, die bereits seit Jahrzehnten zum festen Stammwählerklientel der Republikaner gehörten, ebenso abgesehen wurde wie von den Arbeitern, die nicht in das Bild einer „weißen Arbeiterklasse“ passten und gar nicht gewählt haben. Letztlich liegt ihm ein falsches, verdinglichtes Bild des US-Proletariats zugrunde, in dem von dessen faktisch diverser Zusammensetzung abgesehen wird. Indem der „weißen Arbeiterklasse“ die Schuld für den Wahlsieg Trumps aufgebürdet wird, wird auch vom kapitalistischen Kleinbürgertum, das in Wirklichkeit die Massenbasis des aufstrebenden Trumpismus darstellte, und der Unterstützung Trumps durch Großkapitale vornehmlich aus dem „Immobilien-“ und „Finanzsektor“ abgesehen.

[16] In einer falschen „Gegenidentifikation“ (Dahlmann) zum linken Antiamerikanismus wird von „antideutscher“ Seite die Faktizität der virulenten rassistischen Polizeigewalt in den USA geleugnet, was selbst an Realitätsverweigerung grenzt.

[17] Vgl. https://edition.cnn.com/2020/05/30/tech/minneapolis-misinformation/ und https://www.nytimes.com/2020/06/04/world/europe/russia-reaction-floyd-protests.html.

[18] Im Rahmen der despotischen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie war in China z.B. die Zwangsghettoisierung schwarzer Menschen zu beobachten.

[19] Die Propaganda hat es besonders auf die Plünderungen und Zerstörungen abgesehen, die wie in den USA, so doch auch in Hongkong verurteilt werden müssten. Mit diesem lächerlichen Trick glaubt man, die Hongkonger Demokratiebewegung und ihre Unterstützer der Scheinheiligkeit überführen zu können. Zunächst müssen wir daran erinnern, dass Schmidt sich einst erboste über die Zerstörung von „allein 138 von 161 Stationen des U-Bahn-Netzes, 800 Fahrkarten und 50 Rolltreppen“ (Konkret 1/20). Des Weiteren stellte er dort auch selbst fest – da jede Lüge zwar kurze, aber eben doch Beine haben muss – dass sich die Zerstörungen gezielt gegen Peking-freundliche Geschäfte, Filialen und Stützpunkte richtete. Drittens hat es Plünderungen von Demonstranten in Hongkong nie gegeben. Offensichtlich steckt hinter der plumpen Gleichsetzung die Ausschaltung allen politischen Inhalts aus den strategischen Schlägen, die die Hongkonger Demonstranten in ihren Protesten gesetzt haben.

[20] Die Entwicklung einer revolutionären Theorie und Praxis kann nicht durch das „Happening“, den „Eifer des Gefechts“ oder durch die Provokation des Staates zum Zeigen seines „wahren Gesichts“ übersprungen werden. Sie kann nur auf dem gegebenen Stand der wirklichen Entwicklung der bürgerlichen Gesellschaft und des Kampfes zwischen antagonistischen Klassen fußen und ist ein langwieriger, komplizierter und konfliktbehafteter Prozess, der voller Beschränkungen, Kämpfe, Überwindungen, Fehlschläge und Korrekturen ist, in dem zeitweise alles zu scheitern droht und dann wieder alles zu gelingen scheint. Dieser Prozess ist nicht von logischer, sondern historischer Existenz, er ist keine erkenntnistheoretische, sondern eine praktische Frage.

[21] Vgl. www.useofforceproject.org.

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